Den Wandel mit aller Entschlossenheit ergreifen
J. Hughes
1996-05-07 00:00:00
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Weitere Beiträge über die Zukunft des Körpers und ethische Probleme:

Mike Sandbothe über Medienethik (1); Philip Sampson über den postmodernen Körper (2)( englische Version (3)); Keisuke Oki über das virtuelle Idol (4)( englische Version (5)); Florian Rötzer über die utilitaristische Bioethik Peter Singers (6) und Detlef Linke mit einer Kritik an Singer (7); Christoph Droesser über das posthumanistische Streben nach Unsterblichkeit (8); Florian Rötzer über die Zukunft des Körpers (9)und die Sehnsucht nach Dauer (10).

Zur Diskussion über Bioethik: EUBIOS Journal of Bioethics (11)

James Hughes (12) ist Assistant Director of Research am MacLean Center for Clinical Medical Ethics (13) der University of Chicago.

Einleitung

Vor neun Jahren überzeugte mich Jeremy Rifkin (14), daß die Gentechnologie die Zukunft bestimmen werde, während ich mit einem Bus durch die kleinen, verwinkelten, sauberen und schönen Straßen Kyotos fuhr. Ich las gerade Algeny, Rifkins alarmierenden Angriff auf die Heraufkunft des genetischen Zeitalters, und What sort of People Should There Be?** von Jonathan Glover, eine zurückhaltende Verteidigung der Gentechnologie. Seitdem habe ich mich von der radikalen Position Rifkins abgewendet, um die reformistische Glovers einzunehmen.

Rifkin war einst ein aktives Mitglied des SDS und Gründungsmitglied der sozialistischen New American Movement gewesen. Irgendwann zu Beginn der 80er Jahre bemerkte Rifkin das ferne Aufleuchten der Gentechnologie und begann, Alarm auszulösen. Seitdem haben Rifkin und seine Foundation on Economic Trends gegen die Freisetzung genetisch manipulierter Organismen und die Subventionierung der Gentechnologie ebenso gekämpft wie gegen andere "Trends", über die er sich Sorgen macht, beispielsweise die Fleischindustrie, die Legalisierung der Leihmutterschaft und die Beschleunigung der gelebten Zeit im Computerzeitalter.

Weil er einen radikalen Standpunkt einnimmt, ist Rifkin eine Leitfigur für die Tendenzen des Luddismus (15) in der Bioethik und der politischen Linken. Das sind zwei Bewegungen, in deren Kontext ich mein Weltbild formte. Unter Bioethikern hat sich die antitechnologische Ausrichtung auf die Mißbräuche und sozialen Gefahren der medizinischen Forschung und Praxis sowie auf die vermeintliche Notwendigkeit konzentriert, den Tod und technische Grenzen zu akzeptieren. Die postsechziger, auf den Umweltschutz ausgerichtete Linke thematisiert vor allem die Weise, wie Technologie den Patriachalismus, den Rassismus, den Imperialismus, die privatwirtschaftlich erzielten Profite, strukturelle Arbeitslosigkeit, den autoritären Staat und die Herrschaft durch den wissenschaftlichen Diskurs fördert. Die Reaktion der Bioethiker und der Linken auf die Gentechnologie war besonders heftig und ihre Kritik basierte auf dem Vorwurf der Eugenik (16) und der Überschreitung heiliger Grenzen.

Seit der Busfahrt in Kyoto ging meine zunächst von Schrecken bestimmte Übereinstimmung mit Rifkin auf einen entschlossenen Konsens mit der Position Glovers über, die davon ausgeht, daß wir die Gentechnologie kontrollieren und sie zu einem Segen machen können. Ich glaube, daß die Gentechnologie keine "Schöne, neue Welt" mit sich bringt, sondern eine große, allerdings kaum voraussagbare Zukunft eröffnet. Obgleich viele Bedenken der Ethiker und der Linken angesichts dieser Technologie wohlbegründet sind, glaube ich jetzt, daß es für sie eine Lösung gibt. Und auch wenn ich noch immer die Notwendigkeit einer demokratischen Kontrolle und gesellschaftlicher Grenzsetzungen befürworte, bin ich jetzt davon überzeugt, daß eine Verbannung der Gentechnologie ein schwerer Fehler wäre.

Diejenigen, die sich der Angst vor dem Eingriff in die menschliche Natur entschlagen und die Möglichkeit einer schneller Diversifikation von Lebensformen begrüßen, begründen eine neue Moral und eine neue politische Philosophie für das 21. Jahrhundert, die manche Posthumanismus (17) nennen. Wie philosophischen Systeme schließt der Posthumanismus vorangegangene philosophische und politische Theorien ein, aber rekonstruiert diese um neue Definitionen der Persönlichkeit, der Bürgerschaft und der Grenzen der gesellschaftlichen Solidarität und des menschlichen Wissens. Wie Glover sehen die Posthumanisten den Beginn der Gentechnologie auf dieselbe Weise, wie die meisten Amerikaner jetzt die Organverpflanzungen oder die Chemotherapie beurteilen.

Es gibt viele praktisch zu lösende Fragen, wie die Technologien entwickelt und erprobt werden sollen, wer sie braucht und in welcher Weise wir für sie zahlen müssen, aber man geht davon aus, daß sie verfügbar sein sollte. In diesem Essay werde ich versuchen, eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie liberale Demokratien aussehen könnten, wenn wir das posthumanistische Aufblühen der Gentechnologie zulassen.

Unterscheidungen ohne Differenz

Viele Autoren, die über diese Technologien geschrieben haben, treffen Unterscheidungen zwischen "negativen" und "positiven genetischen Eingriffen und zwischen Modifikationen der somatischen Zellen und solchen der Keimbahn. Eine negative Veränderung wurde als Korrektur einer genetischen Krankheit definiert, während eine positive als Versuch gilt, menschliche Kapazitäten über ihre normalen Grenzen hinaus zu vergrößern. Der Unterschied zwischen somatischen Zellen und der Keimbahn wurde angesichts der vermeintlichen ethischen Differenz zwischen dem Eingriff in den eigenen Körper und dem in die Fortpflanzung getroffen.

Beide Unterscheidungen wurden von Menschen formuliert, die eine Begrenzung für die Genforschung festlegen wollen, aber sie sind reichlich ungenau. Man betrachte beispielsweise nur Culvers und Gerts Versuch der Definition von "Krankheit", um zu bestimmen, wann eine Gentherapie eine "Erweiterung" (enhancement) ist oder nicht.

--Eine Person hat eine Krankheit, wenn und nur wenn sie in einer von ihren rationalen Überzeugungen und Wünschen unterschiedenen Verfassung ist, so daß sie in Abwesenheit einer bestimmten anhaltenden Verursachung an einem Übel leidet oder einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, ein solches (Tod, Schmerz, Behinderung, Verlust der Freiheit oder der Entscheidungsfähigkeit oder Verlust der Freude) zu erleiden.-- Culver and Gerts

Erfüllt nicht jede Verursachung von Krankheit, Leiden und Tod oder jede Nichtübereinstimmung mit den eigenen Zielen diese Kriterien? Als Beispiel diene eine in der Zukunft vielleicht mögliche Gentherapie, die einen hypothetisch angenommenen Schalter für Alterungsprozesse wirkungslos macht und so die Lebenszeit verdoppelt. Ist das eine Therapie jener Krankheiten, die wie Alzheimer oder Krebs aus der Aktivierung des Schalters für Alterungsprozesse entstehen, oder ein unverantwortbarer Eingriff in die natürliche Lebenszeit?

Was die Veränderungen der eigenen Gene im Unterschied zu denen der künftigen Nachkommen angeht, so behauptet man, daß die jetzt lebende Generation durch letzteres das Selbstbestimmungsrecht der künftigen Generation verletzen würde. Meine erster Einspruch geht dahin, daß unsere Wahl der Geschlechtspartner bereits die Biologie der künftigen Generation "festlegt". Nehmen wir beispielsweise ein Paar, von dem beide ein Gen für eine latent vererbbare Geisteskrankheit haben. Der einzige Unterschied zwischen der Entscheidung, eine Schwangerschaft zu verhindern, und jener, eine Keimbahntherapie bei ihnen oder ihren Kindern vorzunehmen, liegt einzig darin, daß letztere eine weitaus glücklichere Entscheidung wäre.

Meine zweite Antwort auf die Unterscheidung zwischen dem Eingriff in somatischen Zellen und dem in die Keimbahn geht davon aus, daß der Fortschritt der Gentechnologie es künftigen Generationen möglich machen wird, ihre Gene rückwirkend zu verändern, wenn sie diese nicht mögen. Nur Eingriffe, die die Autonomie der Entscheidungsfindung für künftige Generationen gänzlich zerstören, würde wirklich Probleme der "Selbstbestimmung" mit sich bringen. Ich werde solche faschistischen Szenarien später behandeln.

Diese Unterscheidungen sind also sehr unscharf und stellen keine wirklichen ethischen Grenzen dar. In diesem Essay will ich die Gentherapie und ihre Möglichkeiten der Verbesserung ebenso verteidigen wie die Selbstveränderung von entscheidungsfähigen Erwachsenen und den Eingriff in die eigene Keimbahn. Sogar im liberalsten und jüngsten Dokument einer internationalen bioethischen Übereinkunft, der UNESCO Declaration on the Protection of the Human Genome (18) von 1995, wird der Eingriff in die Keimbahn verpönt.

Daher ist das Fundament des Bereiches, den ich verteidigen möchte, der Eingriff in die Keimbahn, also die Veränderung des genetischen Codes in der Weise, daß die Eltern diese an ihre Nachkommen weitergeben. Die Verteidigung dieser Möglichkeit betrifft notwendigerweise auch die Kritik an vielen anderen Techniken wie:

In-Vitro Fertilistion

Leihmutter

Extrauterine Befruchtung

Genscreening und -diagnose

Genetische Selektion, die auch die Wahl des Geschlechts beinhaltet

Klonen von Embryos

In einem umfassenderen Sinn formuliere ich ein Plädoyer für die individuelle und kollektive Kontrolle über unsere Körper. Ich werde dieses Plädoyer so breit anlegen, daß es jede Technik zur Veränderung der menschlichen Kapazitäten einschließt, ungeachtet, ob für diesen Zweck eine bestimmte genetische Manipulation in Erwägung gezogen wurde oder nicht.

Die ethischen Grundlagen

Der regelbasierte Utilitarismus

Ganz allgemein gehe ich vom ethischen Standpunkt des regelbasierten Utilitarismus (19) im Sinne von John S.Mill (20) aus: Handlungen sind ethisch gerechtfertigt, wenn sie zum größten Wohl oder Glück der meisten führen. Regelbasierter Utilitarismus bedeutet, daß ich dann, wenn ich mit einem abscheulichen Fall, beispielsweise wenn man einen Christen einem Löwen zur Unterhaltung Tausender von Römern vorwirft, konfrontiert bin, ich mich auf allgemeine Regeln berufe: "Normalerweise werden Gesellschaften, die Menschenrechte und individuelle Freiheiten achten, zu einem größeren Glück für alle führen."

Im Fall der Gentechnologie nehme ich ganz allgemein an, daß sie den Menschen ein längeres und gesünderes Leben mit mehr Entscheidungsmöglichkeiten und größeren Glück geben kann. Diese Techniken eröffnen die Möglichkeit, daß wir Chancen besser und intensiver als mit unserer gegenwärtigen geistigen Verfassung wahrnehmen können Gentechnologie wird zu Fortschritten in der pharmazeutischen und therapeutischen Behandlung von Krankheiten führen, viele Erkrankungen und Leiden lindern. In der Zukunft können unsere Sinnesorgane vielleicht selbst durch Gentechnologie verändert werden, um uns die Wahrnehmung eines breiteren Spektrums von Licht und Ton zu gewähren, während wir unsere Körper so gestalten, daß sie anstrengendere Tätigkeiten ausführen können, und unseren Geist, daß wir tiefer und intensiver denken können. Wenn Nützlichkeit ein ethisches Ziel ist, dann legt eine direkte Kontrolle unseres Körpers und Geistes die Möglichkeit unbegrenzter Nützlichkeit und so ein unermeßliches Gut nahe.

Persönlichkeitsrecht, Selbstbestimmung und körperliche Autonomie

Doch man muß noch andere Regeln beachten, die anderen ethischen Systemen zugrundeliegen. Die meisten Utilitaristen und viele andere akzeptieren die Regel, daß liberale Gesellschaften, die eine größtmögliche Selbstbestimmung einräumen, den gesellschaftlichen Nutzen maximieren. Die Regel der Selbstbestimmung oder das Recht auf diese schließt auch ein, daß eine Gesellschaft sehr gute Gründe haben muß, bevor sie entscheidungsfähige Erwachsene beeinträchtigt, Gentechnologie auf sich selbst und auf ihr Eigentum anzuwenden. Selbstbestimmten Menschen sollte das Persönlichkeitsrecht gewährt sein, mit ihren Körpern zu tun, was sie wollen, außer sie sind nicht entscheidungsfähig oder ihre Handlungen fügen anderen großes Leid zu.

Wenn man Selbstbestimmung als ethische Grundlage anerkennt, dann kann man daraus schon fast die Ablehnung der Gentechnologie, die Furcht ableiten, daß Menschen gezwungen werden, sich einer eugenischen Politik zu fügen. Auf diese Angst vor faschistischen und autoritären Regimen werde ich später ausführlicher eingehen. An dieser Stelle möchte ich nur sagen, daß Individuen nicht gezwungen werden sollten, Kinder zu haben oder abzutreiben und ihren eigenen genetischen Code oder den ihrer Kinder zu verändern. Ich orientiere mich an einer wünschbaren Genpolitik liberaler Gesellschaften, nicht an einer von autoritären Regimen.

In liberalen Gesellschaften sollte den entscheidungsfähigen Erwachsenen ganz allgemein erlaubt sein, mit ihrem Körper zu machen, was sie wollen, was deren genetische Veränderung einschließt. Die möglichen Risiken aus solchen Veränderungen für andere werde ich später diskutieren. Sie lassen sich verhindern und geben keinen Grund, das Recht auf körperliche Autonomie zu beschränken.

Auch der Embryo und der Fötus sind aus meiner Sicht biologisches Eigentum der Eltern, und ein exklusives Eigentum der Mutter, wenn sie sich im Uterus befinden. Wiederum können die Rechte des künftigen Kindes und der künftige Gesellschaft die Möglichkeiten beschränken, die wir Eltern gegenüber ihren pränatalen Eigentum einräumen wollen. Aber ich würde wiederum behaupten, daß die Risiken einer pränatalen genetischen Manipulation für die Gesellschaft und für die Kinder selbst in nächster Zukunft vernachlässigbar sind und daß sie dann steuerbar sind, wenn sie auftreten.

Befreiung von biologischem Zwang

Gentechnologie verspricht Freiheit und Selbstbestimmung auf einer noch fundamentaleren Ebene: die Befreiung von biologischem Zwang. Gesellschaftliche Herrschaft verblaßt vor der Macht der Unvermeidlichkeit von Geburt, Krankheit, Alter und Tod. Das sind Bürden, die von der Gentechnologie erleichtert werden können. Das Ziel dieser Revolution ist dasselbe wie bei Marx, nämlich aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit zu gelangen.

Gesellschaftliche Herrschaft beruht auch auf einem biologischen Fundament. Das Patriarchat ist teilweise auf der körperlichen Verwundbarkeit der Frauen und ihrer besonderen Rolle in der Reproduktion begründet. Auch wenn Industrialisierung, Empfängnisverhütung und der liberale demokratische Staat den Großteil der patriarchalischen Macht beseitigt haben, so verspricht die Gentechnologie, die noch verbleibende aufzulösen. Obgleich Rassismus, Diskriminierung der alten Menschen oder der Heterosexuellen und ähnliches vielleicht nur einen biologischen Anteil von 10% haben und 90% sich der gesellschaftlichen Konstruktion verdanken, können zumindest die biologischen Faktoren durch Gen- und Biotechnologie frei gewählt werden.

Gerechtigkeit und eine bessere Gesellschaft

Auch wenn die biologischen Faktoren in den meisten Formen der Ungleichheit wahrscheinlich nur geringfügig ins Gewicht fallen, verspricht die Gentechnologie, auf eine sehr grundlegende Weise mehr Gleichheit in der Gesellschaft zu schaffen, indem sie die vererbten Ursachen für Krankheit und Behinderung ausschaltet, die die widerspenstigsten Formen der Ungleichheit darstellen. Wir können Kranken und Behinderten weitgehend eine vollständige gesellschaftliche Akzeptanz verschaffen, aber ihre Behinderungen sind fundamentale Begrenzungen für die Gleichheit ihrer gesellschaftlichen Partizipation und Macht. Unsere Fähigkeit, diese Quellen vererbter Ungleichheit auszugleichen, kann uns sogar dazu verpflichten, zumindest bei jenen, die kognitiv behindert und entscheidungsunfähig sind. Zugegebenermaßen werden wir die meisten Behinderungen durch nicht-genetische Techniken lange überwunden haben, bis wir die durch Gentherapie könnten. Aber das allgemeine Prinzip ist, daß Gentechnologie die Möglichkeit in Aussicht stellt, allen Bürgern die körperlichen und kognitiven Kapazitäten für eine Partizipation auf der Basis der Gleichheit zu geben und vielleicht auch eine allgemeine Verbesserung der Kapazitäten zu leisten, die für eine Stärkung der Bürgerrechte maßgeblich sind.

Eine kritische Verteidigung

Anders als jene Liberalen, die Selbstbestimmung als ein zentrales Prinzip betrachten, nehme ich eher eine sozialdemokratische Position ein und glaube, daß es legitime Grenzen gibt, denen wir diese Technologien unterwerfen können und sollten. Beispielsweise sind manche Merkmale der Gesellschaft wie gesellschaftliche Solidarität und allgemeine Gleichheit, so wichtig, daß zur Förderung dieser Ziele die Regulierung der Gen- und Biotechnologien notwendig sind. Kollektive Interessen hinsichtlich der Gentechnologie sollten auch durch aktive Unterstützung wie Regierungsgelder für Forschung, Entwicklung und Anwendung verfolgt werden.

Ich bin kein Verteidiger des technischen Fortschritts, der diesen nicht hinterfrägt. Manche Technologien können solch schreckliche Folgen mit sich führen, daß keine noch so große Regulierung und gesellschaftliche Kontrolle das von ihnen ausgehende Risiko rechtfertigen kann. Wenn ich überzeugt wäre, daß Gentechnologie ähnlich der Nuklearwaffen keine vorteilhaften Qualitäten, sondern nur große Risiken besäße, dann würde ich ein vollständiges Verbot befürworten.

Aber die möglichen Wohltaten der Gentechnologie übersteigen bei weitem ihre möglichen Risiken. Ich vertrete also, kurz gesagt, die Position einer kritischen Unterstützung, die den verdächtigen Optimismus der meisten Amerikaner gegenüber der Gentechnologie reflektiert.

Argumente gegen Gentechnologie

Die zwei Formen der Kritik

Es gibt mindestens zwei Formen der Kritik an der Gentechnologie. Die fundamentalistische Position oder die eines Bio-Luddismus, wie sie Jeremy Rifkin einnimmt, weise ich entschieden zurück. Auf der anderen Seite achte ich die Bedeutung von vielen der nicht-fundamentalistischen Bedenken, aber ich glaube, daß die von ihnen erhobenen Probleme lösbar sind. Manche dieser Bedenken gegenüber der Gentechnologie führen zu neuen Fragen für die medizinische Ethik. Dieselben Fragen sind jedoch bereits angesichts der früheren medizinischen Forschung und Therapie aufgekommen, wobei man deren Herausforderungen ohne ein Verbot dieser Techniken entgegengetreten ist.

Einige der nicht-fundamentalischen Kritiken gehen davon aus, daß die von den neuen Gentechnologien herbeigeführten Risiken groß genug sind, um die Genforschung für eine unbestimmte Zeit zugunsten von Untersuchungen und Vorbereitungen zu stoppen. Ich glaube aber, daß es mit einer angemessenen technologischen Bewertung und antizipatorischen Steuerung genügend Zeit gibt, die Gentechnologie in ihrer Weiterentwicklung zu kontrollieren. Keine der Risiken sind als einzelne oder kumulativ so schwergewichtig, daß sie die möglichen Vorteile unter sich begraben könnten.

Ich werde zunächst auf die fundamentalistischen oder bio-luddistischen Bedenken und danach auf die nicht-fundamentalistischen Einwände eingehen.

Bio-Luddismus

1. Die Medizin macht die Menschen krank

Ivan Illich hat eine extreme bio-luddistische Position eingenommen: Medizin selbst macht uns krank und sollte abgeschafft werden. Eine Variante dieser Kritik ist, daß Genuntersuchungen dazu führen könnten, daß wir alle "gefährdet" seien und sich jeder so als krank betrachtet. Noch beunruhigender könnte eine genetische Diagnose eine Zweidrittel-Gesellschaft schaffen, aufgeteilt in jene mit relativ guten Genen und in jene mit genetischen Krankheiten. Die genetische Diagnose wird uns alle, kurz gesagt, genetisch krank machen. Das würde dann noch problematischer sein, wenn eine Krankheit diagnostiziert wird, die noch nicht behandelbar ist.

Manchmal macht die Medizin die Menschen kränker, aber ich klammere mich an das Versprechen der Moderne, daß der wissenschaftliche Fortschritt unser Leben allgemein verbessert und daß Wissen besser ist als Nicht-Wissen. Ich glaube nicht, daß wir jemals Menschen unter Zwang in Kenntnis von der Wahrscheinlichkeit einer sich entwickelnden Krankheit setzen, auch wenn wir vielleicht Eltern und Ärzte so erziehen sollten, daß sie vorsichtig vorgehen sollten, wenn sie Kinder über ihre Risiken informieren wollen. Wir wissen alle, daß wir vom Tod gefährdet sind. Und Menschen sehen mit oder ohne Gendiagnose die medizinische Geschichte ihrer Eltern und Verwandten als Vorboten für ihre Zukunft. Sowohl die Kenntnis als auch die Verweigerung, seine genetische Veranlagung zu kennen, vergrößern die Wahlmöglichkeiten entscheidungsfähiger Erwachsener. Menschen die Möglichkeit abzusprechen, diese Wahl zu treffen, verbessert ihr Leben nicht.

Dieses Argument berücksichtigt nur die erste diagnostizierende Stufe der neuen Eugenik und nicht die zweite, darauf folgende einer Korrektur. Weit davon entfernt, jedermann krank zu machen, verspricht der Fortschritt der Gentherapie, jedermann gesund zu machen.

2. Die heiligen Grenzen der natürlichen Ordnung

Rifkin hat sich mit religiösen Führungspersönlichkeiten verbunden, um eine andere fundamentalistische Überzeugung zu vertreten, nämlich daß die Gentechnologie die heiligen Grenzen übersteigen, obgleich wir nicht "Gott spielen" sollten. Ich glaube nicht, daß sich göttliche Grenzen ausmachen lassen, und ich glaube auch nicht an eine "natürliche Ordnung", außer an diejenige, die wir haben.

--Wir können nicht gegen die Natur vorgehen, da es selbst ein Bestandteil der Natur wäre, wenn wir dies tun.-- Love and Rockets

Es gibt keine "natürlichen Grenzen" hinsichtlich der Kontrolle unserer Biologie oder Ökologie. Es gibt keinen "natürlichen" Weise, ein Baby zu bekommen oder zu sterben. Auch wenn es eine solche für die Geburt und den Tod gäbe, glaube ich nicht, daß wir moralisch gezwungen wären, sie zu akzeptieren.

3. Technologien dienen Herrschaftsinteressen

Manche zögern zu behaupten, daß medizinische Technik an und für sich schlecht sei, hingegen sagen sie, daß die Mächtigen stets die Techniken so ausformen und anwenden, daß sie die Herrschaft über die nicht so Mächtigen wahren. Obwohl das wahrscheinlich zutrifft, ziehen sie die Schlußfolgerung, daß jede Technik aufgegeben werden sollte. Die Reichen und Mächtigen haben einen besseren Zugang zu Telefonen als die Armen und Ohnmächtigen, und Telefone werden von den Reichen und Mächtigen benutzt, um mehr Reichtum und Macht zu erwerben. Deswegen sollte man freilich nicht die Telefone verbannen, sondern den Telefonservice subventionieren und eine Gesellschaftsreform einleiten.

4. Das Genom ist für eine technische Manipulation zu komplex

Eine weitere fundamentalistische Überzeugung ist, daß das Genom zu kompliziert für eine technische Manipulation sei und daß es deswegen bestimmt unerfreuliche und nicht gewünschte Folgen geben werde. Dieses Argument läuft parallel zur tiefsten Überzeugung der Ökologen, daß die menschliche Steuerung des komplexen globalen Ökosystems unmöglich sei und daß unsere einzige Hoffnung darin bestünde, den Planeten seiner Selbstorganisation zu überlassen.

Das Genom und das Ökosystem sind sehr kompliziert und die Möglichkeit, in einem der beiden mehr als lokale Defekte zu reparieren, ist vielleicht noch Jahrzehnte entfernt. Aber möglicherweise werden wir den genetischen Code schreiben Ökosysteme technisch herstellen und die strukturellen Folgen unserer Eingriffe in künftige Körper und Planeten mit dem Computer simulieren zu können. Natürlich wird es schwierig sein zu entscheiden, wann die Folgen eines genetischen Entwurfs hinreichend gut verstanden sein werden, so die Realisierung sicher ist. Unser gegenwärtiges Kontrollverfahren ist wahrscheinlich dieser Aufgabe nicht angemessen.

Das Wissen über das Genom und die Voraussagekraft möglicher Folgen sollten sehr groß sein, bevor wir Anwendungen auf Menschen oder die Freisetzung von genmanipulierten Tieren gestatten. Auch wenn sich Elias und Annas**gegen die "positive" Keimbahntherapie wenden, die ich befürworte, schlagen sie drei vernünftige Vorbedingungen für den Einsatz der Gentechnologie vor.

a) Es sollte zuvor eine hinreichend große Erfahrung mit der Gentherapie von somatischen Zellen bei Menschen geben, die ganz klar ihre Sicherheit und Wirksamkeit gezeigt hat.

b) Es sollte in der Verwendung von geeigneten Tiermodellen einen annehmbaren wissenschaftlichen Nachweis geben, daß eine Keimbahntherapie die entsprechende Krankheit heilt oder beseitigt und kein Leiden hervorruft.

c) Jede Anwendung sollte von der Arbeitsgruppe Gentherapie der NIH und von lokalen Prüfungsgremien mit einer vorhergehenden öffentlichen Diskussion gebilligt worden sein.

Wer an die Möglichkeit einer wirksamen öffentlichen Kontrolle glaubt, mag hinsichtlich der angemessenen Standards, die von der Öffentlichkeit und den Kontrollgremien gefordert werden, sehr unterschiedlicher Meinung sein. Aber Liberale und Konservative unterscheiden sich ganz fundamental von den Bio-Ludditen (21), die glauben, die natürliche Welt sei so kompliziert und Regierungen so dumm, daß jeder Eingriff verboten werden sollte.

Zweifellos wird das Gendesign einer extensiven Experimentierphase an Tiermodellen unterzogen werden, bevor Experimente mit Menschen beginnen. Ich sehe kaum ethische Probleme, wenn man mit Tieren experimentiert. Das Problem mit Tiermodellen besteht darin, daß man Tierarten erzeugen könnte, die gefährlich werden, wenn man sie ins Ökosystem aussetzt. Die Freilassung von gentechnologisch manipulierten Tieren sollte man mit äußerster Vorsicht handhaben.

Gentechnisch erzeugte Mikroorganismen stellen eine größere Bedrohung als gentechnisch manipulierte Menschen dar, weil Menschen sich nicht schnell fortpflanzen, weil sie äußerst verletztlich und während ihrer Kindheit abhängig sind, weil sie groß und sichtbar sind und durch Waffen kontrolliert werden können. Die nächste Stufe wird in der Entscheidung liegen, wann Genprodukte von Erwachsenen bei ihnen selbst aus therapeutischen oder anderen Gründen eingesetzt werden können. Man kann sich gesellschaftliche Gefahren vorstellen, die aus der selbsterzeugten Veränderung der Gene entstehen. Daher sollten Genprodukte dieselben Test der Food and Drug Administration unterzogen werden wie Medikamente. Auf der anderen Seite bin ich für eine substantielle Liberalisierung unserer Drogen- und Medikamentengesetzgebung, was auch die Legalisierung von Narkotika und psychotropen Drogen einschließt, und ich trete auch für eine ziemlich liberale Politik gegenüber der genetischen Selbstveränderung ein.

Das wirkliche Dilemma beim Testen geht mit dem Gendesign von Kindern einher. Selbst wenn wir eine extreme marktorientierte Gesellschaft haben, die eine unkontrollierte genetische Veränderung von Eiern, Spermien und Embryonen zuläßt, bezweifle ich, daß viele Frauen die Geburt und Aufzucht von Kindern riskieren würden, für deren "Produktsicherheit" es keine Garantie gibt. Trotzdem werden wir zweifellos weiterhin streng die genetische Veränderung von Kindern kontrollieren. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Genprodukten wird nicht nur von Eltern, sondern auch von Regierungsbehörden und Anbietern gefordert werden.

Auch wenn das einschüchternd sein sollte, so sind das viele Probleme, die sich heute auch bei Drogen und medizinischen Mitteln stellen. Mit oder ohne genetisch manipulierten Produkten gehen wir zu einer neuen technischen Bewertung medizinischer Produkte über, die den Wunsch nach einer glaubhaften Wirksamkeit und Sicherheit mit dem Bedürfnis, nützliche Therapien schnell freizugeben, und der individuellen Freiheit, seinen eigenen Körper zu kontrollieren, im Gleichgewicht halten. Genprodukte werden nur eine der Herausforderungen darstellen, denen sich unsere Kontrollverfahren stellen müssen.

Genangst

1. Faschistische Anwendungen

Ein anderer Einwand vieler Kritiker der Gentechnologie bezieht sich auf die schrecklichen Folgen eines Wiedererstarkens von faschistischen, rassistischen und autoritären Regimen und ihrem Einsatz der Gentechnologie, um willfährige, genetisch konforme Untertanen herzustellen. Aber erstens wird ein Verbot der Gentechnologie demokratischer Gesellschaften keinerlei Einfluß auf künftige oder gegenwärtige faschistische Regime haben. Wenn es ein "nationales Sicherheitsinteresse" hinsichtlich der Gentechnologie geben sollte, dann sollten liberale Demokratien dieses realisieren. Beispielsweise könnten Kampagnen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge, die genetische Anlagen für Alkoholismus oder zur Vergrößerung der Intelligenz von Kindern entdecken und korrigieren, Staaten mächtiger und produktiver als ihre konservativeren Nachbarn werden lassen. Würde es nicht im Interesse der Demokratie für Demokratien liegen, diese Maßnahmen zu verfolgen?

Aber was wäre, wenn faschistische Regime durch die Aufzucht verschiedener Kasten à la "Schöne, neue Welt" mächtiger werden und Demokratien darauf nur reagieren könnten, indem sie auf gleiche Weise sich zur Wehr setzen? Das ist eine Möglichkeit, die einen wichtigen Punkt aufwirft. Man verhindert den faschistischen Gebrauch der Gentechnologie, indem man dem Aufleben des Faschismus entgegentritt, aber nicht durch die Behinderung der Gentechnologie. Irak und Nord-Korea sind Beispiele dafür, daß strenge Beschlüsse seitens korrekt denkender Staaten, die einzig den USA den Besitz von nuklearen und chemischen Waffen gestatten, weil sie als hinreichend moralisch eingestuft werden, nur einen geringen einfluß auf aufsässige Staaten haben. Wenn wir die Verbreitung der Nukleartechnologie mit ihren von Satelliten aus sichtbaren Produktionsstätten nicht wirksam verhindern können, werden wir mit Genlaboratorien noch größere Schwierigkeiten haben. Ich befürworte die Ausdehnung der gesetzgeberischen, gerichtlichen und militärischen Macht der UN, um einem globalen Rechtssystem näherzukommen, doch glaube ich, daß die eigentliche Aufgabe einer solchen neuen Weltordnung die Verhinderung faschistischer Regime ist, die die Genetik vermutlich für üble Zwecke einsetzen, und nicht die Überwachung und Verhinderung** von verbotenen Gentechnologien.

Genforschung fördert nicht direkt Rassismus oder autoritäre Regime. Der Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis könnte auch die pseudowissenschaftliche Basis zerstören, auf die sich die meisten eugenischen Maßnahmen berufen haben. Vermutlich wird der Fortschritt der Genforschung uns erkennen lassen, ob es ein genetisches Fundament für Unterschiede der geschlechtlichen oder rassischen Eigenschaften gibt und wie wichtig diese sind. Wenn es solche Unterschiede geben sollte, dann wird man sie gegenüber gesellschaftlichen Faktoren als geringfügiger einschätzen, und die genetischen Faktoren werden durch eine technische Bestimmung verbessert werden. Manche bestehen darauf, daß Erkenntnis selbst oder das Wissen über verbotene Themen zum Faschismus führe. Ich vertrete hingegen den modernen Optimismus, daß sich Wissen gegenüber dem Obskurantismus neutral verhält oder sogar dessen Geißel ist.

2. Der Wert genetischer Diversitität

Oft kritisiert man die Gentechnologie auch aus der Position, die eine Ästhetik oder den biologischen Wert der genetischen Vielheit vertritt. Viele beziehen sich auf die Tatsache, daß Ökosysteme stabiler sind, wenn sie eine größere Vielheit von genetischen Abstammungslinien besitzen. Manche behaupten, daß unser eigenes Überleben als Gattung von der genetischen Diversität abhängt, wenn wir mit einer Krankheit konfrontiert wären, gegen die nur einige Arten resistent sind.

Erstens ist Diversität kein hinreichend zwingender ethischer oder ästhetischer Wert, der die Prävention einer Krankheit oder die Verbesserung unserer Lebensqualität übersteigt. Wir haben die Diversität ohne Bedauern reduziert, als wir Pocken und Polio bekämpften. Wir reduzieren Diversität, wenn wir auf der Schulpflicht bestehen, weil wir den Wert einer Diversität extremer Klassenungleichheit nicht befürworten.

Zweitens wird jeder Verlust der Anpassungsfähigkeit durch biologische Diversität durch eine Vermehrung des biologischen Wissens und der Eingriffsmöglichkeiten kompensiert. Es ist unwahrscheinlich, daß eine künftige Gesellschaft "überlegene Gene" erzeugen kann und doch unfähig sein sollte, der Herausforderung einer Infektionskrankheit nicht gewachsen zu sein.

Drittens sollte die Genetik, die ich in ihrer liberalen Form ausgeführt habe, in dem Maße Diversität schaffen, in dem sie diese zerstört. Während ich die Durchführung von Genuntersuchungen für Krankheiten befürworte, wende ich mich gegen jeden eugenischen Zwang. Menschen wollen unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten für sich selbst und ihre Kinder. Für jedes arisches Elternpaar, das einen blonden, blauäugigen Barbie-Phänotypus wählt, wird es vermutlich ein chinesisches Elternpaar geben, das sich einen klassischen chinesischen Schönheitstyp entscheidet. Das kann tatsächlich zur Auswahl weniger körperlicher und geistiger Ideale führen, aber ich vermute, daß die Phänotyenmoden sich schnell verändern werden. Ich sehe keinen ethischen Unterschied zwischen der Erlaubnis, daß Menschen ihre Gene in Übereinstimmung mit gesellschaftlichen Moden verändern, und der Erlaubnis, ihre Kleidung, ihr Aussehen und ihre Glaubensvorstellungen zu verändern.

Vielleicht gibt es aber doch irgendeinen ästhetischen oder sogar politischen Wert der Diversität. Wenn die Bürger sie schätzen, dann kann man Anreize zur Realisierung oder Bewahrung von Diversität schaffen. Wenn die Zahl der Eltern, die sich für blonde Jungen entscheiden, der öffentlichen Meinung zuwiderläuft, dann könnten wir steuerliche Anreize für Eltern schaffen, die dunkelhaarige Mädchen haben wollen. Auf jeden Fall werden wir schnell wissen, ob es große Strömungen gibt, die wir abstoßend finden. Ich vertraue auf unsere Fähigkeit, zwanglose politische Reaktionen zu finden, um jede wertvolle Diversität wieder zu stärken, die wir als bedroht sehen.

Die "Genetisierung" des Lebens

Ein diffuseres "kulturelles" Bedenken gegenüber der Gentechnologie geht dahin, daß Menschen die Genetik für das Leben als zentraler und einflußreicher ansehen könnten, als sie dies sollten. Beispielsweise glaubt Richard Shweder**, daß Eugenik und genetischer Determinismus auf Kosten von Versuchen, gesellschaftliche Leiden zu verbessern, durch die gegenwärtige Gentechnologie und Genforschung gestärkt werden. Andere Kritiker wie Barbara Katz Rothman** glauben, daß die Gentechnologie zur Verdinglichung der genetischen Bande zwischen Menschen auf Kosten der Wertschätzung ihrer sozialen Beziehungen führt.

Beide Bedenken haben ein gewisses Recht. Zweifellos wird die öffentliche Hand die Bedeutung der Genetik höher veranschlagen, wenn es um Krankheitsursachen, die Intelligenz und andere Eigenschaften geht, als dies aus einer ausbalancierteren wissenschaftlichen Perspektive geschehen würde. Und wie der Markt für In-Vitro-Fertilisation heute zeigt, werden Menschen astronomische Summen für die Chance einer genetischen Verbindung mit ihren Kindern zahlen, während sie früher auf eine Adoption angewiesen waren.

Wird das Mißverständnis des Geneinflusses und die unverhältnismäßig große Bedeutung der genetischen Bande durch den Fortschritt der Gentechnologie zunehmen? Wenn wir die Gene analysieren, die Lungenkrebs wahrscheinlicher werden lassen, werden die "negativ Eingestellten" nicht lange brauchen, daß sie noch immer durch Rauchen oder Asbest gefährdet sind. Wenn die Gendiagnose und -behandlung wichtiger wird, werden die Menschen genauso klug mit ihrer Gendiagnose umgehen, wie sie dies jetzt mit den Risiken des Rauchens oder des Cholesterin machen. Risikoscheue Menschen werden ihre genetischen Neigungen sehr ernst nehmen und dem Risiko zugeneigte Menschen werden dies nicht tun. Wenn ihnen ein OB-Gen fehlt und sie dennoch dick werden, werden sie ihre Diät verdoppeln.

Eltern werden weniger von den Genen besessen sein, wenn sie entweder ein Kind mit allen von ihnen stammenden Mängeln oder eines haben können, das ihrem Gesicht ähnelt, als wenn es mit den guten Zähnen, den Plattfüßen, der Größe und Intelligenz eines anderen ausgestattet ist. Man wird es für zwanghaft oder dumm halten, wenn man seinen Kindern nur die Gene der Eltern gibt, und Elternschaft wird aus der Bestimmung der Verbindung mit den Eltern und nicht aus der Abstammung abgeleitet werden.

Was Rothmans Kritik der Vorrangstellung sozialer Bande angeht, so verdinglichen Fruchbarkeitsbehandlungen, Ersatzschwangerschaften und Gentechnologie nicht die genetische Bindung, sondern sie führen zu deren allmählichen Dekonstruktion. Genauso wie uns Herz-Lungen-Maschinen dazu gezwungen haben, uns dem Unterschied zwischen dem Herz- und Gehirntod stellen, werden genetische Eingriffe uns dazu zwingen, das Verhältnis zwischen sozialen und genetischen Banden klarer zu sehen. Wenn man die meisten Gene seines Kindes aus einem Katalog zusammengestellt hat, wird die Bedeutung der sozialen eleterlichen Bande mit dem eigenen Kind vermutlich zunehmen.

Unsere Fähigkeit zur Kontrolle der Gene wird uns dabei helfen, der Genetik das angemessene Gewicht in der Kultur und der Gesellschaft zu geben. Wenn das Verhältnis zwischen Natur und Erziehung deutlicher wird, werden die Menschen nicht weniger, sondern wahrscheinlich mwhe dazu geneigt sein, die Erziehungsseite ihrer Probleme zu sehen. Aber was geschieht, wenn eine künftige Politik beschließen sollte, daß es einfacher wäre, die Resistenz gegenüber Rauch gentechnisch herabzusetzen, als die industrielle Luftverschmutzung zu mindern? Das wäre eine Tragödie, aber das würde sich nicht gänzlich von unseren gegenwärtigen Kämpfen gegen Gifte unterscheiden, die wir durch Gesundheitsausgaben kompensieren. Gentechnologie wird es nicht wahrscheinlicher werden lassen, daß wir eine ökologisch saubere, gesunde und auf der Gleichheit basierende Gesellschaft haben werden, nur die Möglichkeiten des Zurückfallens werden größer.

Genetische Diskriminierung und Vertraulichkeit

Viele Gegner genetischer Untersuchungen fürchten, daß Erkenntnisse über Gene zu einer Diskriminierung der "genetisch Kranken und Behinderten" führen werden. Manche behaupten, daß die Gentherapie selbst diese Diskriminierung verstärken wird, indem sie einen großen Druck auf die Menschen mit genetischen Krankheiten ausübt, diese zu korrigieren, damit sie nicht die Gesellschaft und die Zukunft mit ihren Krankheiten belasten.

Es ist sicherlich richtig, daß Arbeitgeber bereist versuchen, die genetischen Risiken ihrer Angestellten herauszubekommen und eine Anstellung oder eine Versicherung auf der Basis des Gefährdungsprofils ablehnen. Im amerikanischen Kongreß wurde ein Gesetzesvorschlag (22) eingebracht, der die Vertraulichkeit genetischer Informationen garantiert. Obwohl es noch nicht verabschiedet wurde, ist es sicher, daß die Vertraulichkeit bis zum Ende des Jahrtausends bis zu einer gewissen Grenze garantiert wird. Zusätzlich werden die Amerikaner mit dem Disabilities Act und anderen Gesetzgebungen ganz klar dazu kommen, die Angestellten gegenüber genetischer Diskriminierung zu verteidigen.

Schwieriger ist es, genetische Informationen gegenüber Krankenkassen und anderen nicht-medizinischen Angestellten der Gesundheitssysteme vertraulich zu halten, da sie jede einzelne Untersuchung oder Behandlung bezahlen müßten, die durch genetische Risiken erforderlich werden. Ohne gesetzliche Regelung könnte der Gebrauch von Informationen über genetische Risiken die Möglichkeit der Versicherer vergrößern, die zu einer Krankheit Veranlagten auszuschließen oder ihnen Gebühren aufzuerlegen, die den Kosten ihrer möglichen Behandlungen entsprechen. Wiederum wird das bereits im Kongreß vorliegende Gesetz über eine Reform des Versicherungswesen die "Risikoeinstufung" und den Ausschluß von Kunden mit "Veranlagungen" verbieten. Diese beiden Reformvorhaben werden vermutlich die Zahl der Versicherungsgesellschaften in den USA halbieren und genetische Diskriminierung in der Krankenversicherung zu einer mehr oder weniger fragwürdigen Angelegenheit machen. Manche haben vorgeschlagen, daß Charakter genetischer Informationen eine private Krankenversicherung unmöglich mache. Darauf kann ich nur sagen, daß das eine Einlösung wäre.

Das Wissen über die genetische Ausstattung eröffnet zweifellos viele Möglichkeiten des Mißbrauchs. Aber genetische Informationen sind nur ein kleiner Teil der Informationen über unser Leben, die in der Öffentlichkeit zirkulieren uns einem schaden können. Die gesetzliche Regelung der Gentechnologie hat in Wirklichkeit wenig damit zu tun, ob wir die Geheimhaltung von Daten im 21. Jahrhundert sicherstellen.

Systematisch schlechte Entscheidungen von Eltern

Das Recht auf ein "maßgefertigtes Kind" ist lediglich eine natürliche Erweiterung unserer gegenwärtigen Diskussion über Reproduktionsrechte. Ich kann dem Zufall in der Produktion keinen Wert zumessen, aber ich sehe in der Erweiterung der Wahlmöglichkeiten einen großen Wert. Embryos und Föten sind, wie schon gesagt, biologisches Eigentum, und Eltern sollte es erlaubt sein, sie nach ihren Willen innerhalb eines Rahmens von geringen gesellschaftlichen Beschränkungen zu verändern oder abzutreiben. Wenn Frauen das "Reproduktionsrecht" oder die "Wahl" des Vaters ihres Kindes mit dessen erwünschten Eigenschaften eingeräumt wird, dann sollte ihnen auch das Recht gewährt werden, die Eigenschaften aus einem Katalog auszuwählen.

Welche gesellschaftlichen Beschränkungen sollten Eltern bei ihren genetischen Entscheidungen unterliegen? Es ist offensichtlich, daß die Politik solche Beschränkungen erlassen kann und sollte. Glover** stellt beispielsweise die Frage, was man machen soll, wenn eine religiöse Minderheit ein Zeichen ihres Glaubens auf der Stirn ihrer Kinder anbringen und ihre Gehirne so gestalten würde, daß sie nicht lesen können, um eine Bekehrung zu vermeiden? Natürlich würde ich Maßnahmen gegen Eltern akzeptieren, die ihren Kinder systematisch Kapazitäten entziehen, auch wenn ich hinsichtlich des religiösen Symbols nicht so sicher bin.

Ein anderes Beispiel wäre die Geschlechtsselektion. Auch wenn wir auf ein Geschlecht fixierte Eltern verabscheuungswürdig finden, so ist es dennoch natürlich vorzuziehen, daß Eltern eher gewünschte als unerwünschte Kinder haben sollen, und es ist ihr Recht, darüber zu entscheiden, welche gewünscht und welche unerwünscht sind. Das wird zu einer Angelegenheit öffentlichen Interesses, wenn die Entscheidungen von Eltern sich zu unerwünschten Ergebnissen wie eine hinsichtlich der Geschlechtsverteilung nicht ausgewogene Bevölkerung kumulieren. Mit großer Sicherheit führt die pränatale Diagnose in China und Indien zu einer fast ausschließlichen Abtreibung von weiblichen Föten. Die Geschlechtsvorlieben der Amerikaner sind ausgewogener, aber wenn dies nicht so wäre, so hätten wir noch einige Jahre Zeit, über politische Reaktionen nachzudenken. Wie ich bereits weiter oben gesagt habe, würde ich finanzielle Anreize für andere Entscheidungen jedem Zwang vorziehen. Das Hauptargument ist, daß wir ein breites Spektrum an Möglichkeiten besitzen, auf solche Herausforderungen zu reagieren, während wir voranschreiten, und nicht eilig antizipierende Verbote aussprechen müssen.

Diskriminierung von Behinderten

Gegner der Geschlechtswahl und eugenischer Maßnahmen gegen genetisch bedingte Behinderungen behaupten, daß derartige Entscheidungen Akte des Vorurteils gegenüber Frauen und Behinderten darstellen und die sekundäre Stellung von diesen perpetuiert, weil man dadurch eher auf genetische als auf gesellschaftliche Verbesserung setzt. Zunächst sind Embryos und Föten keine Personen und deswegen können ihre Rechte nicht als Personen oder als Mitglieder von unterdrückten gesellschaftlichen Gruppen verletzt werden. Auch wenn Eltern Entscheidungen hinsichtlich der Reproduktion aus vielen Gründen treffen sollten, die wir ablehnen, beispielsweise wenn ein Fötus abgetrieben wird, weil der Vater zufällig der "falschen" Rasse angehört, ist das noch kein Grund, hier einzugreifen.

Die mutmaßliche Verbindung zwischen der Entscheidung, ein behindertes Kind abzutreiben oder dessen Behinderung zu korrigieren, und der fortgesetzten Unterdrückung der Behinderten scheint zumindest sehr schwach zu sein. Vielleicht reduzieren wir die Macht der Behinderten an der Wahlurne, wenn wir ihren Anteil an der Bevölkerung verkleinern. Doch die moralische Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern die größtmögliche Lebensqualität und das größtmögliche Spektrum an Fähigkeiten zu bieten, schließt nicht nur die Verpflichtung ein, ein behindertes Kind mit Achtung und Liebe zu erziehen, sondern auch die, sie zuallererst vor Behinderungen zu bewahren. Es scheint auch so zu sein, daß eine Gesellschaft mit weniger Behinderten eher die Ausgaben für diese erhöhen würde, anstatt sie zu senken.

Ungleicher Zugang, Priorität und der Markt

Als Sozialdemokrat ist meine größte Sorge, wie gesellschaftliche Ungleichheit den Zugang zur Gentechnologie erschweren und wie Gentechnologie gesellschaftliche Ungleichheit verstärken könnte. Wenn man ein angemessenes Gleichgewicht von Staat und Markt bei der Genetik etabliert, dann sollte man mit der Schaffung eines nationalen Gesundheitsbudgets beginnen, wahrscheinlich durch die Schaffung eines nationalen Gesundheitssystems, wie es der Clintonplan oder andere Formen einer nationalen Krankenversicherung vorsieht. Ein derartiges System würde die ethische Begrenzung des Einsatzes erlauben - angefangen damit, wie hoch die Gesundheitsausgaben sein sollen, bis dahin, welche medizinischen Grundleistungen garantiert und was dem privaten medizinischen Markt überlasen werden sollte.

Wenn wir ein solches System hätten, würden die meisten Fruchtbarkeitsbehandlungen und die künftigen positiven "Genverbesserungen" nicht durchgeführt werden. Andererseits würden Genuntersuchungen und korrigierende Gentherapien ganz sicher gesellschaftlich anerkannt werden, kostengünstig und deshalb ein verständliches positives Recht sein. Das führt mich in ein Dilemma. Ich befürworte, daß Fruchtbarkeitsbehandlungen und positive Genverbesserungen legal und verfügbar sein sollen, aber ich kann keinen Grund angeben, daß sie ein positives Recht darstellen, das durch Steuergelder finanziert werden sollte. Wenn jedoch Genprodukte nur am Markt verfügbar sind, dann werden sie nur die Reichen erwerben können, wodurch sie bessere Lebenschancen erhalten und vielleicht gesünder und intelligenter werden als die Armen. Das wäre für eine auf gleiche Lebenschancen basierende Gesellschaft moralisch nicht rechtfertigbar.

Diese Probleme sind in der Tat eine Subkategorie der größeren Aufgabe, bei der es um die Festlegung geht, welche medizinischen Tests, Produkte und Techniken

* vom Recht, wie z.B. Impfungen vorgeschrieben werden;

* mit Steuergeldern unterstützt werden, wie z.B. die Abtreibung in fortschrittlichen Ländern, ohne obligatorisch zu sein;

* gefördert, aber nicht finanziell unterstützt werden, wie z.B. Gymnastik;

* unerwünscht, aber nicht verboten sind, wie z.B. Rauchen;

* verboten sind, wie z.B. Heroin.

Jede Einordnung der Gentechnologien in eine dieser Kategorien zwischen obligatorisch und verboten ermöglicht Ungleichheit. Die meisten Gegner der Gentechnologie würde, wenn es hart auf hart geht, vor dem gänzlichen Verbot der Gentechnologien zurückschrecken und diese so der ungleichen Verteilung auf dem Markt überlassen. Auf der anderen Seite hört man niemand öffentlich fordern, daß es ein Programm einer obligatorischen und universellen genetischen Neugestaltung geben soll. Daher bleibe ich mit Glover in der üblichen demokratischen Mitte eines gemischten Marktes - hier ein bißchen Staat, dort ein bißchen Privatwirtschaft, den Rest basteln wir uns beim Weitermachen zurecht.

Eine parallele und sehr faszinierende Frage ist, ob, wann und wem Genprodukte als Eigentum gehören sollen, ob sie als Patent gesichert und als Ware vermarktet werden können. Genmanipulierte Tiere werden seit 1987 patentiert. Der Kongreß hat die Patentierbarkeit von Menschen nicht erlaubt, aber das Patentamt hat das Prinzip akzeptiert, daß Teile des menschlichen Genoms patentiert werden können, wenn deren Funktion bestimmt worden ist. Das NIH (National Institute of Health) hat während der Regierungszeit von Bush versucht, die künftige kommerzielle und wissenschaftliche Forschung durch die Patentierung von entschlüsselten Gensequenzen zu schützen, deren Funktion aber noch nicht bekannt ist, was die zusätzliche Frage entstehen läßt, welche Rolle öffentliches Eigentum im Kontext der Genetik einnehmen soll. Wissenschaftler, die am Human Genome Project mitarbeiten, sind in lukrative biotechnologische Unternehmen eingetreten und profitieren von der mit Steuergeldern unterstützten Forschung.

Wieder besteht die sozialdemokratische Lösung darin, daß es einen hinreichenden Schutz von Genprodukten geben muß, um die Forschung zu stärken, während man gleichzeitig vom öffentlichen Besitz des Gencodes und medizinischen Wissens als einem gemeinsamen Eigentum der Menschheit ausgehen muß.

Der Niedergang der gesellschaftlichen Solidarität

Schließlich glauben einige Kritiker, daß sich Eltern von ihren gentechnisch erzeugten Kindern entfremden würden. Dator**und andere Posthumanisten sind der Meinung, daß Gentechnologie und andere Technologien einen Konflikt zwischen Menschen und Postmenschen schaffen können und so die gesellschaftliche Solidarität bedrohen. Ich glaube, daß dies ein ernstzunehmendes Problem ist. Ein Ziel der gesellschaftlichen Steuerung der Gentechnologie würde in der Herabsetzung der Geschwindigkeit liegen, in der die Gesellschaft genetisch voranschreitet und sich diversifiziert. Der Graben zwischen den Körpern und den Fähigkeiten von Eltern und Kindern sollte nicht so groß werden, daß Elternschaft unmöglich wird. Auch die Ängste der gentechnisch nicht behandelten Menschen werden zweifellos ein Faktor in der Kontrolle der gentechnisch verbesserten Minderheit spielen. Auch wenn einige dieser konservativen Bedenken gerechtfertigt sind, wenn die gentechnisch verbesserten Menschen keine Verantwortung für die anderen übernehmen und sie zu beherrschen oder auszubeuten versuchen sollten, so sollten wir auch keinem zu einfachen Chauvinismus und die Angst derjenigen, die nichts von der Gentechnologie wissen, folgen, so daß die genetische Verbesserung ganz beendet wird.

Obwohl man sich gewaltige gesellschaftliche Konflikte vorstellen kann, so unterschieden sie sich nicht gänzlich von denen zwischen ethnischen Minderheit und der Bevölkerungsmehrheit, zwischen der Ersten und der Dritten Welt oder zwischen gesellschaftlichen Klassen. Wie andere Ursachen der gesellschaftlichen Teilung werden die Beziehungen zwischen neuen genetischen Gemeinschaften durch die herkömmmlichen Institutionen, Gerichtshöfe und Rechtssprechungen, durch die Rechte von Minderheiten und den Mehrheitsentscheid geregelt. Die wirkliche Herausforderung für eine posthumane Ethik liegt in der Definition neuer Parameter für die Lebensformen, die als Eigentum, als unter Vormundschaft stehend (also die weder Besitz noch voll entscheidungsfähig sind, wie z.B. Kinder) und als Personen mit vollen Bürgerrechten gelten sollen.

Ausblick

Während Humanisten und Ökonomen uns bedrängen, finanzielle und existentielle Begrenzungen anzuerkennen und das schwärmerische Begehren nach Unsterblichkeit aufzugeben, sagen die Posthumanisten, daß manche, die heute leben, niemals sterben werden. Die möglichen Probleme, die durch neue medizinische Techniken entstehen können, sind zahlreich, und wir müssen uns entschieden dafür einsetzen, daß unsere Gesellschaften frei und gleich genug bleiben, daß diese Mittel mehr Gutes als Schlechtes schaffen. Doch ich glaube, daß dieses Ziel erreichbar ist und daß die Gentechnologie, auch wenn sie keine Unsterblichkeit möglich macht, soviel Gutes mit sich bringt, daß die mit ihr einhergehenden Risiken davon weit übertroffen werden.

Wie jede Annahme (und alle utilitaristischen Urteile basieren auf Annahmen über die Gesellschaft) beruht dieser Optimismus auf einem Glauben, der sich an viele Einzelheiten knüpft. Aber ich meine, daß der Glaube an die potentiell unbegrenzte Verbesserbarkeit der menschlichen Natur und an die Vergrößerbarkeit der menschlichen Fähigkeiten weitaus zufriedenstellender ist als die resignierte Unterwerfung unter die gegenwärtig vorhandenen Grenzen.

Literaturverweise

Aus dem Englischen übersetzt von Florian Rötzer

SUBTEXTE (**)

What sort of People Should There Be?

J. Glover (1984) "What Sort of People Should Be There? Genetic Enegineering, Brain Control and their impact in our future world", Penguin

Elias und Annas

Elias, S. and G. Annas (1992) "Somatic and germline therapy", in G. Annas and S Elias (eds.) "Gene Mapping. Using Law and Ethics as Guides. New York. Oxford University Press

Überwachung und Verhinderung

Vgl. A.L.Bonnicksen (1994) "National and International Approaches to Human Germ-Line Gene Therapy", in Politics and Life Sciences (Feb.), p. 39-49. Bonnicksen bietet einen guten Überblick über globale Projekte, die Politik der Nationalstaaten hinsichtlich der Genetik zu harmonisieren.

Richard Shweder

R. Shweder (1994) "Genetics and Human Behavior II. Philosophical and Ethical Issues", in Encyclopedia of BioEthics, MacMillan.

Barbara Katz Rothman

B. K. Rothman (1988) "Recreating Motherhood. Ideology and Technology in Patriarchal Society", Norton.

Glover

J. Glover (1984) "What Sort of People Should There Be? Genetic Engineering, Brain Control and their impact on our future world", Penguin

Dator

J. Dator (1989) "What Do 'You' Do When Your Robot Bows, as Your Clone Enters Holographic MTV?" in Futures 21 (4. August), p. 361-365

GLOSSAR

Algeny
Jeremy Rifkin "Genesis Zwei. Biotechnik - Schöpfung nach Maß", Reinbek bei Hamburg 1986.

"Heute sind unsere biotechnischen Künste reine Nachahmung der Natur. Morgen werden sie an ihre Stelle treten. Unsere Kinder werden davon überzeugt sein, daß ihre Schöpfungen jener Natur weit überlegen sind, der sie selbst nachgebildet sind. Sie werden die Algenisten sein. Der ganze Bereich der Natur wird Material für die Computer sein. Lebewesen werden sie definieren als Programme, die man entwickeln, abschreiben und umschreiben kann, so daß eine unendliche Zahl neuer Kombinationen entsteht. ... Wenn die Biotechnik das weitverzweigte Reich des Lebens Stück für Stück erobert, ein Lebewesen nach dem anderen seine Identität raubt, die ursprünglichen Geschöpfe durch technisch gefertigte Replikate ersetzt, dann wird die Welt beträchtlich öder sein. Statt lebendiger Fülle, Spontaneität, Unvorhersehbarkeit, dynamischem Werden und rhapsodischem Überschwang wird uns die Welt nur lebendige Apparate und Automaten zu bieten haben. Es wird eine perfekt funktionierende Welt sein, ein gut geöltes, reibungslos arbeitendes Räderwerk, aber eine Welt ohne Gefühl. Letztlich geben wir damit die Zugehörigkeit zum Rest des Lebens auf, die zugleich unbeschreibbar und unverzichtbar ist und ohne die das Dasein nur noch eine bedeutungslose Pflichtübung ist." (Jeremy Rifkin)

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